Imboden-Bericht: Exzellenzinitiative verfehlt ihre Ziele

Die Interpretation des Imboden-Berichts zur Exzellenzinitiative ist Augenwischerrei

Das Aushängeschild "Exzellenzinitiative" von Frau Wanka hängt vor einem immer leerer werdenden Schaufenster der deutschen Universitäten. Mit ihrer positiven Bewertung des Imboden-Berichts zur Exzellenzinitiative betreiben Bundesminsterium für Wissenschaft und Forschung (BMBF) und Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK)  bewusste Augenwischerrei. Wer den Bericht ließt, dem wird deutlich, das die Exzellenzinitiative bei weitem nicht ausreicht, um die Unterfinanzierungl der deutschen Universitäts- und Forschungslandschaft aufzuhalten.

Während das BMBF und die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK)  aus der Exzellenzinitiative eine positive Bilanz ziehen und sich durch die Bewertung des eingesetzten Expertenkommission unter der Leitung von Prof. Dr. Dieter Imboden bestätigt sehen (vgl. www.bildungsspiegel.de) ergibt eine genauere Prüfung des Berichtes ein sehr viel kritischeres Bild der ihrer Wirkung.

Finanzielle Ausstattung der Hochschulen im internationalen Vergleich

Beim Vergleich der finanziellen Ausstattung der deutschen Exzellenzunis mit internationalen Spitzenunis lässt sich die ganze Initiative auf einen Satz aus dem Bericht reduzieren: "Interessant ist ferner das folgende Gedankenexperiment: Würden der RWTH die gesamten Jahresausgaben der Exzellenzinitiative zusätzlich zur Verfügen stehen, gliche ihr Budget in etwa dem der University of Michigan, die auch ähnliche Studierendenzahlen aufweist, oder dem der ETH Zürich, die weniger als die Hälfte der Studierenden hat." (vgl. Kap. 2.2. Seite 15). Mit anderen Worten: Das gesamte deutsche Unisystem ist chronisch unterfinanziert und die Exzellenzinitiative ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Eines der großen Kritikpunkte an der Exzellenzinitiative ist die Befürchtung, dass durch die Konzentration der zusätzlichen Gelder auf wenige, bereits gut ausgestattete Universitäten die Hierarchisierung der Forschungslandschaft vorangetrieben wird. Positiv formuliert heißt das "Ausdiffenezierung vorantreiben". Hiermit ist natürlich in erste Linie die Profilbildung und Schwerpunktsetzung einzelnen Unis gemeint. Der Imboden-Bericht sieht bei der angestrebten Ausdifferenzierung allerdings keinen nachweisbaren Effekt (vgl. Kap. 3.1. Seite 19). Während also der positive Effekt der "Profilbildung" ausbleibt, schlägt sich der negative Effekt der Unterfinanzierung in den deutschen Hochschulen auf die Qualität von Forschung und Lehre nieder. Professuren bleiben unbesetzt, immer mehr Unis müssen Fakultäten schließen und die Hörsäle platzen aus allen Nähten.

Erfolge für Lehre und wissenschaftlichen Nachwuchs?

Schaut man sich etwa den Bereich der Studierendenzahlen und Qualität der Lehre an, kommt die Studie zu einem eindeutigen Fazit:

"Insgesamt hat die Exzellenzinitiative im Zusammenhang mit der Ausbildung von Studierenden in jenen Problembereichen, welche die Entwicklung zu international sichtbaren Spitzenuniversitäten behindern, kaum etwas verbessert. Hindernisse für auch in der Lehre exzellente Universitäten sind insbesondere, dass sie Zahl und Qualität der Studierenden in der Regel nicht selbst steuern können, die Basisfinanzierung von der Anzahl Studierender abhängt; die Kapazitätsverordnung die Schaffung neuer Professuren „bestraft“, die Lehrverpflichtung der Dozierenden zu hoch ist." (Fazit Kap. 3.3, Seite 25)

Auch die Auswirkungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs werden sehr kritisch gesehen:
"Durch die Exzellenzinitiative wurde eine große Zahl von Nachwuchswissenschaftlern/innen an den Universitäten beschäftigt. Dies hat die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses – inklusive der Beteiligung von Frauen im Wissenschaftsbetrieb – allerdings insgesamt nicht nennenswert verbessert, sondern die endgültige Entscheidung über eine akademische Karriere eher zu höherem Alter verschoben." (Fazit Kap. 3.4, Seite 39)

Erfolge der Exzellenzinitiative für Forschung und Lehre sind also, anders als von Prof. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung. dargestellt marginal und ändern nichts an den offensichtlichen Problemen.

Immerhin: Exzellenzinitiative sorgt für mehr internationale Studierenden und Forschende

Lediglich bei der Internationlisierung bescheinigt die Expertenkommission der Exzellenzinitiative einen (verhalten) positiven Effekt.

"Fraglos hat die Exzellenzinitiative die Internationalisierung der deutschen Forschung vorangetrieben, wiewohl es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.
Nachweisbare Internationalisierungseffekte gibt es bei den von der Exzellenzinitiative direkt geförderten Instrumenten. Nennenswert ist auch die internationale Wahrnehmung der Exzellenzinitiative als Förderprogramm, die in mehreren Ländern (u. a. in Frankr eich, Spanien und Russland; [...]) ähnliche Initiativen ausgelöst hat." (Fazit Kap. 3.6, Seite 34)
 
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Die Exzellenzinitiative ist ein Tropfen auf den heißen Stein eines chronisch unterfinanzierten Deutschen Universitätsystems. Wie die Bundesregierung zu einer positiven Bewertung der Ergebnisse des Imboden-Berichts kommt ist völlig schleierhaft, da der Bericht der Exzellenzinitiative insgesamt eher Versagen auf ganzer Linie vorwirft. Es drängt sich der Verdacht auf, dass der einzig positive Effekt der erfolgreichen Internationalisierung herausgegriffen und für die eigene mediale Darstellung aufbereitet wurde. Die Hauptkritikpunkte an der Exzellenzinitiative, nämlich dass die Konzentration der Mittel auf wenige Hochschulen die Finanzierungslücke der meisten deutschen Universitäten eher verschlimmert als behebt, werden dabei in dem Imboden-Bericht nicht besonders erörtert. Insofern ist davon auszugehen, dass die Kommission die Initiative insgesamt doch sehr wohlwollend geprüft hat. Dennoch kommen sie zu dem Fazit, dass sie scheiterte. Das Aushängeschild "Exzellenzinitiative" von Prof. Wanka hängt vor einem immer leerer werdenden Schaufenster der deutschen Universitäten. Wenn wir die deutsche Forschungslandschaft dauerhaft erhalten wollen, dann muss Schluss sein mit Stellenabbau, Haushaltssperren und überfüllten Hörsälen.
 
Der vollständige Imboden-Bericht ist hier zu finden.
 
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